125 Gäste werden es wohl nicht ganz gewesen sein, die sich am Sonntagvormittag gegen 11 Uhr auf Einladung des Kur- und Verkehrsvereins auf dem Schlossplatz in der Schlossstraße eingefunden hatten. Dennoch war die gute Resonanz für die verantwortlichen Macher mehr als erfreulich. Anlass des gut einstündigen Events war der 125-ste Geburtstag der Auerbacher Heimat- und Mundartdichterin Wilhelmine „Mina“ Katzenmeier.
Der Veranstaltungsort selbst wies bereits eine Reihe von Bezügen zu Mina Katzenmeier auf. Nur um die Ecke, im Bereich der heutigen Karlsbader Straße, stand ihr Geburtshaus. Sie war das 7. Kind des Gärtners Adam Nungesser und seiner Ehefrau Elisabeth Barbara, geb. Krauss. Um die Jahrhundertwende erwarb der Vater dann das Anwesen Schlossstraße 21, wo Mina ihr ganzes Leben lang gewohnt hat. Anlässlich der Wiederkehr ihres 100. Geburtstages 1999 wurde gegenüber ihrem Wohnhaus von KuVV und Stadt ein Gedenkstein errichtet. KuVV-Vorsitzender Reinhard Bauß konnte Frau Sabine Müller, die Schöpferin des Profils von Mina Katzenmeier, an diesem Morgen ebenso herzlich begrüßen wie Frau Doris Hlinka, eine Enkelin von Mina. Die beiden noch lebenden Söhne, Otto in Viechtach im Bayerischen Wald und Klaus in Kanada, hatten aus Alters- bzw. Reisegründen sich entschuldigt. Beide hatten jedoch ihre besondere Freude über die Würdigung ihrer Mutter zum Ausdruck gebracht.
Unter den zahlreichen Gästen hieß Reinhard Bauß eingangs Bürgermeisterin Christine Klein , die Stadträte Hans Seibert und Ralph Stühling, die Stadtverordneten Petra Jackstein und Jürgen Kaltwasser sowie vom Ortsbeirat Ortsvorsteher Robert Schlappner, Barbara Ottofrickenstein-Ripper und Thomas Schrabeck willkommen.
Eingeleitet wurde die Gedenkstunde mit einer Auswahl von Mina Katzenmeiers bekanntesten Mundartgedichte, vorgetragen von Oskar (Ossi) Scherer und Klaus Sponagel. Beide, sehr Kerwe erprobt, gaben sich dabei als echte Kernbürger keine Blöße und beherrschten die vorgegebene Mundart souverän. Trotzdem galt auch in diesem Fall die Weisheit der Mina Katzenmeier: „Woann zwaa dässelwe duhn isses loang noch nedd es Gleiche!“
Den musikalischen Bogen zur sich anschließenden Vita von Mina Katzenmeier gestaltete Berthold Mäurer an der Gitarre mit dem Hannes Wader Song „Schön euch zu sehen!“.
Breiten Raum der Matinee nahm die von Reinhard Bauß vorgetragene Lebens- und Leidensgeschichte der Frau dieses Tages ein. Darin beschrieb er deren beschwerliche Jugend, die von der Herausforderung geprägt war, nach dem frühen Tod der Mutter im Alter von knapp 13 Jahren den Haushalt für den Vater und die vier älteren Brüder zu führen. Das änderte sich erst 1914, als die Brüder eingezogen wurden. Jetzt konnte Mina eine Stelle als Dienstmädchen in Auerbach antreten. Nach Kriegsende lernte sie ihren aus Winterkasten stammenden und in Bensheim als Schneider arbeitenden Mann Adam Katzenmeier kennen. Die Familie wuchs schnell um eine Tochter und vier Jungen.
In dieser Zeit trat sie als „Fraa Katzenmejer“ erstmals mit ihren Gedichten an die Öffentlichkeit. Höhepunkt ihrer dichterischen Arbeit war die Zeit nach 1945, als sie in einer wöchentlichen Kolumne mit dem Titel „Liewe Freunde unn Midbäjer“ lokale Ereignisse glossierte. Auch die Kerwereden jener Zeit stammten aus ihrer Feder und später war sie beim „Sonnenschein der Alten“ in der Grünen Au in der Saarstraße besonders aktiv. Nach dem Tod ihres Mannes 1956 war die finanzielle Not besonders groß und Mina musste mit 99 Mark Rente und den bescheidenen Einkünften aus ihrem Kiosk neben der Schlossberg-Schule auskommen.
1962 heiratete sie Hermann Kuhl, aber wenige Monate später erkrankte sie schwer und musste mehrfach ins Krankenhaus. Über ihr Ende schrieb ihr Sohn Walter in der von ihm veröffentlichten Sammlung „Meu Auerbach – Band 2“ ihrer rd. 150 Mundartgedichte: „Mina Katzenmeier, die zeitlebens ein fröhlicher Mensch war, starb verbittert und enttäuscht am 30. Januar 1963“.
Titelbild: T. Schrabeck
Bilder: M. Kärchner